Sonntag, 7. April 2019

Sänftenträger




Wartest auf den Monteur, machst die Tür auf wenn es klingelt wenn du ansonsten nicht zuhause bist und da steht ein Paketbote der mich nach etwas fragen will ohne eine Frage zu stellen. "Nachbar X Paket". Digger gegenüber ist ne Abholstation kleb einen Zettel an die Tür und gib es da ab. Da weiß jeder wo es ist. Ich kenn den Nachbarn für den das Paket ist und weiß auch dass der Nachtschicht hat und ich ihm nicht hinterher rennen werde damit er sein Amazon Spielzeug rechtzeitig kriegt. Ich seh die Kartonverpackungen von Stormtrooperhelm Teekannen in der Papiertonne noch früh genug. Also versuch ich ihm das zu erklären und er versteht nicht genug Deutsch so dass er mich fragt ob ich ihm das auf Englisch erklären kann. Dann erkläre ich es ihm auf Englisch und das versteht er auch nicht. Also warum ist er überhaupt hier.
Um den fetten Bugmen ihr Spielzeug nachzutragen, deswegen. Armeen von solchen Sänftenträgern sind hier unterwegs weil der Urbaniden sich alles von Essen bis Spielzeug und Cummies servieren lässt als wäre er der fette Bachus auf der Liege und das mit einer Einstellung von Selbstverständlichkeit. Vor die Tür geht der Urbanid nicht mehr weil da ist die Vielfalt und Buntheit die dadurch entsteht dass man eben Sänftenträger haben wollte die irgendwann ihre Kinder mitbringen und von der man seit Dekaden bereits weiß dass sie zu mehr Isolation und Fernsehen führt. Und so leben die Leute dann bis der ambulante Pflegedienst sie bis zur letzten Bettpfanne bescheißt.

Positiv daran ist zumindest dass es keinen Grund mehr für die Leute gibt in der Stadt zu leben. Die Stadt als kulturelles und kommerzielles Zentrum ist bedeutungslos wenn man am kulturellen Leben nicht teilhaben will und der Kommerz über das Internet abgewickelt wird. Das nächstbeste was uns passieren könnte ist dass die Chefetagen abkratzen und vielleicht ein paar Leute an den Drücker kommen die weniger Anwesenheit im Büro verlangen von Mitarbeitern die nicht wirklich irgendwo anwesend sein müssen. Würde mich nur nicht wundern wenn die dann irgendwelche Freelancer in Indien anheuern damit Bachus sich vollzeit vollstopfen kann.



1 Kommentar:

  1. Sebastian Reinhold7. April 2019 um 22:42

    Die Stadt verliert immer mehr an Bedeutung, die Industriejobs und die nahen Jobs wandern immer weiter nach draußen. Die produktiven Wagecucks unterstützt von den Sänftenträgern der Zeitarbeit etc. schlafen in irgendeinem aus dem Boden gestampften "Suburbia im Grünen" und die Logistik draußen funktioniert besser ohne Liegeradfahrer, 30er Zonen und Rushhours. - In der Stadt verbleibt nur die "Dienstleistungsbranche" das was in Büros gemacht wird, und man (noch) nicht vom Computer oder bei den Sänftenträgern zuhause machen lassen willen. - Die Mehrzahl der "Metrolpol-Urbaniden" außerhalb der paar Golden Ghettos, sind subproletarische Transferempfänger, und der Pleb der dort die Grundleistungen in Mindestlohnjobs erbringen muss, was ebenfalls Leute von sonstwo sind.

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