Frauen und Wählen

Ein Essay zur Bundestagswahl 

von Crackwamen

Das frauenwahlrecht wurde in Deutschland erst 1918 eingeführt, in anderen Ländern sogar noch später. 

In Hunderten, ja tausenden Jahren war die politische Teilhabe von Frauen schlicht nicht möglich und auf wenige exotische Ausnahmen beschränkt, wie als Handelsgut für strategische FamilienBündnisse oder Vermögen verschachert zu werden. 

Selbst mit der Einführung des wahlrechts war es den Frauen in einer patriarchalischen Gesellschaft und Familienhierarchie nicht möglich sich frei zu artikulieren. Politik ist Männersache und eine Ehefrau sollte der gleichen Meinung wie ihr Mann anhängen…

Die strukturelle Bevormundung in einer Frauen marginalisierenden Umgebung wurde und konnte nicht einfach durch ein neues Wahlrecht aufgehoben werden.

So durfte die Frau zwar endlich wählen, stand aber immer noch unter dem immensen Druck der sozialen Zwänge, die sie unter die Männer ihres Umfeldes, egal welcher politischen Ausrichtung, stellten. 

Dieser demokratische Aufholprozess geht nur schleichend voran, selbst die Wahlbeteiligungen der aktuell lebenden älteren weiblichen Generationen, obwohl sie unter einem Recht auf Wahl geboren und aufgewachsen sind, hinken noch weit hinter den Männern zurück. Ein weiteres Zeichen dafür, dass ein Wahlrecht nicht ausreichend ist, wenn eine politisch frauenfeindliche Kultur vorherrscht. 

Nach über hundert Jahren frauenwahlrecht haben wir nur ein Drittel weibliche Bundestagsabgeordnete, an anderen wichtigen gesellschaftlichen Beteiligungsfeldern und Einflussbereichen wie zum Beispiel der Wirtschaft ist das Ergebnis noch desaströser. 

In diesem Tempo wird zu unseren Lebzeiten keine Frau mehr eine gerechte geschlechterparität erleben. 

Und selbst die Frauen die sich an die Spitzen kämpfen, sind oft auch nur eingebettet in männlich dominierte einfluss- und entscheidergruppen, die eine weitere schwieriger wahrnehmbare Verzerrung auf männliche Macherhaltungs Perspektiven bedeuten.

Es sollte auch nicht vergessen werden, dass eine seit ewigkeiten von Männern und toxischer Männlichkeit dominierte Kultur nicht nur den Frauen schadet, sondern auch ebenjenen Männern selber. 

Diese Männlichkeit mit scheinbaren Tugenden wie Ehre, Stärke, Durchsetzungsfähigkeit und auch Rücksichtslosigkeit sind das blendwerk hinter dem Männer als Kanonenfutter in kriege geführt wurden. Auf die Ehre konnten sie sich berufen, wenn sie ihre Frauen und Töchter, sowie Andersdenkende unterdrückt haben. 

Wo ist der Vorteil einer Männer geführten Gesellschaft, wenn darunter alle Geschlechter und Sexualitäten leiden.

Ja, cis Männer eingeschlossen, ob sie es wahrnehmen oder nicht.

Was dominieren denn Männer statistisch zusätzlich? Es sind Gewaltverbrechen und sexualstraftaten, Gefängnisaufenthalte, tödliche Unfälle in Verkehr und Arbeit, suizide, schulabbrüche, häusliche Gewalt, morde und mordopfer. 

Unser aktuelles System unterdrückt nicht nur Gender normative und gender nonnormative, es erweckt die schlechtesten Seiten, gerade auch von cis Männern, die trotz alledem einem notwendigem Wandel ablehnend gegenüberstehen.

Das System Mann haben wir nun viele dekaden, ja hunderte Jahre eigentlich durchprobiert. Es ist an der Zeit grundlegende Dinge zu ändern und das nichtmal „nur“ zum Wohle und Schutz von Frauen, poc oder der lgbtq Communities, sondern für alle, auch die Männer, die es nicht einsehen wollen oder können. 

Um diesen demokratischen Aufholprozess zusätzlich zu dem kulturellen überwindungsprozess erfolgreich anzugehen und bis zu tragbaren Ergebnissen zu Ende zu beschreiten, braucht es stärkere Maßnahmen. 

Ich weiß auch nicht wie eine perfekte Lösung aussehen würde, ein Paritätsgesetz für listenplätze ist sicherlich ein notwendiger und wichtiger Schritt. Doch es wird nicht ausreichen. 

Ich denke ein guter Vorstoß in die richtige Richtung wäre die Überlegung einer temporären wahlstimmen Reparation für Frauen um auf demokratischen Wege einen Aufholprozess zu ermöglichen, der noch zu Lebzeiten früchte tragen könnte für eine besser austarierte Gesellschaft.

Das Stimmgewicht für Frauen könnte zum Beispiel verdoppelt oder verdreifacht werden, das würde Männern immer noch die politische und demokratische Teilhabe ermöglichen. Für People of Color oder auch andere marginalisierte bevölkerungsgruppen könnte man das gleiche überlegen. 

Sobald eine vordefinierte gerechte Stellung und paritätische Ausrichtung im Land erreicht ist, würde wieder eine langsame Angleichung der Stimmrechte bzw. Stimmgewichte erfolgen. 

Dies mag für manchen vielleicht ein befremdlicher Vorschlag sein, wäre aber eine Möglichkeit die unfaire Behandlung vieler Dekaden und deren strukturellen nachlassenschaften aufzubrechen und einen konstruktiven Weg in eine bessere Zukunft für alle zu gehen. 

Wir haben allerhand männlich dominierte Systeme die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch durchlebt, nun wäre es mal an der Zeit für einen macht- und perspektivwechsel um ein besseres Gleichgewicht für Menschen jeder Ethnie, sexuellen und geschlechtlichen Identität zu erreichen. Hier in diesem Land, unserer Gemeinschaft. 

Nur mit reden lassen sich diese tiefen Gräben nicht mehr überwinden, es wird Zeit aktiv zu werden und etwas zu tun was zu wirklichen und messbaren Verbesserungen und Ergebnissen führt. 

Dafür sollten wir alle kämpfen.